von Rechtsanwältin Sarah Schulz

 

Presse, Blitzlicht, Fotos, Kameras.

Mandanten, die sich als Angeklagte vor Gericht verantworten müssen, sehen sich bei schweren oder spektakulären Fällen regelmäßig mit einer interessierten Öffentlichkeit konfrontiert. Mediales Interesse an Strafverfahren ist kein neuzeitliches Phänomen. Das Recht öffentlicher Beobachtung von Strafverfahren ist im Rechtsstaat nicht nur gewünscht sondern auch durch eine Vielzahl von Normen abgesichert. So stellt ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz gem.  § 338 Nr. 6 StPO ein absoluter Revisionsgrund dar, der zur Aufhebung des Urteils führen kann.

Fernab der unbestreitbaren und elementaren Wichtigkeit einer medialen Öffentlichkeit im Strafverfahren kann diese für Angeklagte zu einer Täterstigmatisierung und öffentlichen Bloßstellung führen, die eine spätere Resozialisierung erheblich erschwert. Dies gilt umso mehr für die Boulevard-Berichterstattung, welche die Faszination für das schaurige Verbrechen der geneigten Leserschaft mit möglichst reißerischen Überschriften und umso weniger Informationsgehalt präsentiert.

Mit dem Urteil endet das Interesse der Medien so schlagartig, wie es mit dem Bekanntwerden des Tatgeschehens begonnen hat. Unzählige Berichte sind bis dahin veröffentlicht, Fotos geknipst, Interviews geführt.

 

Pressefreiheit vs. Persönlichkeitsrechte

Das öffentliche Interesse an einem Strafverfahren ist nicht nur sach-, sondern auch personenbezogen. Man möchte mehr über Täter und Opfer erfahren. In manchen Fällen werden sie aufgrund des Tatgeschehens sogar zu relativen Personen der Zeitgeschichte.

Nach einigen Jahren oder Jahrzehnten nimmt dieses Interesse zwar objektiv betrachtet ab, das Internet vergisst jedoch nicht.

Jedenfalls nicht von sich aus.

Bemüht sich ein Verurteilter, der seine Strafe verbüßt hat und wieder produktives und resozialisiertes Mitglied unserer Gesellschaft werden möchte, um eine Arbeitsstelle, sind mit einer einfachen Suche seines Namens bei Google nicht selten dutzende, bebilderte Presseberichte in Online-Medien zu finden. Die Aussicht auf eine Anstellung rückt damit in weite Ferne.

Deshalb ist für viele Inhaftierte das Interesse an der Löschung von Presseartikeln groß und die Geltendmachung von Löschungsansprüchen zunehmend ein unverzichtbarer Bestandteil einer vollständigen anwaltlichen Betreuung von Inhaftierten.

Gedächtnis vs. Vergessen

Die Frage, ob ein Anspruch auf Löschung eines solchen Artikels besteht, lässt sich nicht pauschal beantworten.

Das Interesse der Öffentlichkeit, geschichtlich relevante Ereignisse in Archiven abrufen zu können, ist dem Interesse des Verurteilten auf Vergessen und Resozialisierung gegenüberzustellen. Dabei gilt: je länger eine Tat zurückliegt, desto mehr nimmt ein öffentliches Interesse ab. Ob dieses dennoch überwiegt, ist eine Frage des Einzelfalles.

Ich habe bereits für einige zu lebenslanger Haft verurteilte Mandanten dutzende Presseartikel entfernen lassen können. Die Ansicht von manchen Kollegen, dass das Entfernen von Online-Artikeln ohnehin keine Aussicht auf Erfolg habe, kann ich nicht teilen. Bis jetzt habe ich fast ausnahmslos die Löschung oder Anonymisierung meiner Mandanten erreichen können.

 

Möchten Sie auch Presseartikel über Ihr Strafverfahren entfernen lassen? Nehmen Sie Kontakt mit mir auf!