Was ist ein Pflichtverteidiger?
Pflichtverteidiger sind Rechtsanwälte, die durch ein Gericht dem Angeklagten beigeordnet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Angeklagte ein faires Verfahren bekommt und durch einen sachkundigen Verteidiger seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Die mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts verbundenen Rechtsanwaltsgebühren übernimmt (vorläufig) der Staat. Damit soll sichergestellt werden, dass auch finanziell benachteiligte Angeklagte einen Strafverteidiger in Anspruch nehmen können, um sich gegen die erhobenen Vorwürfe angemessen verteidigen zu können.
Ist ein Pflichtverteidiger schlechter?
Nein. Die aus amerikanischen Spielfilmen bekannten Klischees über public defender lassen sich auf das deutsche System der Pflichtverteidigerbeiordnung nicht übertragen.
Jeder Rechtsanwalt kann als Pflichtverteidiger beigeordnet werden. Es gibt hierbei keine qualitativen Einschränkungen. Die Bezeichnung „Pflichtverteidiger“ beschreibt im Wesentlichen nur den Umstand, dass der Staat die Rechtsanwaltsgebühren übernimmt. Das bedeutet aber nicht, dass der Rechtsanwalt Ihre Verteidigung für den Staat übernimmt und deshalb parteiisch wäre. Ein Pflichtverteidiger vertritt ausschließlich Ihre Interessen und ist hierzu auch gesetzlich verpflichtet. Zudem wird in jedem Verfahren neu entschieden, ob ein Rechtsanwalt überhaupt als Pflichtverteidiger beigeordnet wird.
Der einzige Unterschied liegt bei der späteren Abrechnung der Rechtsanwaltsgebühren und der Höhe der Rechtsanwaltsgebühren.
Die Verteidigung ist dadurch aber keinesfalls schlechter!
Lediglich in ganz seltenen Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass die Pflichtverteidigergebühren den mit der Verteidigung verbundenen Arbeitsaufwand nicht angemessen abdecken. Allerdings sind engagierte Strafverteidiger auch in diesen Situationen stets bemüht, eine optimale Verteidigung auch unter diesen erschwerten Bedingungen zu gewährleisten.
Wann habe ich Anspruch auf einen Pflichtverteidiger?
Nicht bei jeder Anklage haben Sie einen Anspruch auf eine Pflichtverteidigerbeiordnung. Die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigung sind in § 140 StPO genannt. Zu den typischen Fällen einer Pflichtverteidigerbeiordnung zählen insbesondere:
- Hauptverhandlung findet in erster Instanz vor einem Landgericht oder Oberlandesgericht statt.
- Dem Angeklagten wird ein Verbrechen zur Last gelegt.
- Der Beschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft.
- Es droht ein Berufsverbot.
- Schwierige Rechts- oder Sachlage (Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen, Steuerstrafsachen, Vorwurf der Geldwäsche, Beweisverwertungsverbotsproblematik uvm.)
- Unfähigkeit der Selbstverteidigung (mangelnde geistige Fähigkeiten, regelmäßig bei Angeklagten, die der deutschen Sprache nicht im ausreichenden Maße mächtig sind)
Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, sodass im Einzelfall eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände vorgenommen werden muss.